Die neue Sucht in der Schweiz

 Die neue Sucht in der Schweiz

Quelle: Quelle: Sucht Schweiz / Addiction Suisse / Dipendenze Svizzera

Lausanne (ots) – Etwa ein Viertel der 11- bis 15-Jährigen flüchtet oft mit Social Media vor negativen Gefühlen und etwa 4 % der Schulkinder weisen gar eine problematische Nutzung sozialer Netzwerke auf. Die von Sucht Schweiz durchgeführte nationale Schülerinnen- und Schülerstudie gibt neue Einblicke ins Bildschirmverhalten von Schulkindern.

Wie oft tauschst du dich online aus? Mit wem? Wo liegen die Schwierigkeiten mit der Nutzung von Social Media? Die repräsentative Schülerinnen- und Schülerstudie HBSC (Health Behaviour in School-aged Children) zum Gesundheits- und Risikoverhalten der 11- bis 15-Jährigen gibt auch dazu einen Einblick. Fakt ist, Bildschirmgeräte gehören zum Alltag von Jugendlichen, wobei mit zunehmendem Alter auch die Bildschirmzeit länger wird. Während diese sich an Schultagen zwischen den beiden Umfragen von 2014 und 2018 kaum verändert hat, haben vor allem die Jungen am Wochenende noch zugelegt.

Viele berichten über Schwierigkeiten mit der Nutzung von Social Media

Die 11- bis 15-Jährigen berichten über Schwierigkeiten mit der Nutzung sozialer Netzwerke wie Snapchat, Instagram oder Twitter in den letzten 12 Monaten. Dazu zählen u.a.:

  • Der vergebliche Versuch, weniger Zeit in sozialen Netzwerken zu verbringen (M: 37.5 %; J: 23.7 %).
  • Die häufige Nutzung sozialer Netzwerke, um vor negativen Gefühlen zu flüchten (M: 33.3%: J: 22.7 %).
  • Ein ernsthafter Konflikt mit den Eltern oder Geschwistern wegen der Nutzung sozialer Netzwerke (M: 18.2 %; J: 14.6 %).
    Mit etwa vier Prozent der 11- bis 15-Jährigen (M: 5.2 %; J: 3.7 %), die eine proble¬matische Nutzung sozialer Netzwerke aufweisen, steht die Schweiz im Vergleich zu den anderen an der HBSC-Studie teilnehmenden Ländern noch gut da. Betroffene nennen mindestens sechs Schwierigkeiten auf einer vorgegebenen Liste (1) von neun.

Wer auch sonst Probleme hat, ist mehr online

Die Zeit, die an Schultagen vor einem Bildschirm verbracht wurde und die Schwierigkeiten mit der Nutzung sozialer Netzwerke waren bei jenen Jugendlichen ausgeprägter,

  • die sich von ihrer Familie mässig oder wenig unterstützt fühlen.
  • die wenig zufrieden oder gar unzufrieden mit ihrem Leben sind und die ihre Gesundheit als einigermassen gut bis schlecht einstufen.
  • die chronische körperliche (z. B. Kopf¬schmerzen, Rücken¬schmerzen) oder psychoaffektive (z. B. Müdigkeit,
    Einschlaf¬schwierigkeiten) Beschwerden haben.
  • die mehr als nur gelegentlich psychoaktive Substanzen konsumiert haben, v.a. Tabak (mind. einmal wöchentlich), aber auch Alkohol
    (mind. einmal wöchentlich) und illegalen Cannabis (mind. an drei der letzten 30 Tage).
  • die mehr als einmal pro Woche nicht empfohlene Nahrungsmittel konsumierten, insbesondere Energy Drinks. Zu beachten ist, dass es sich um statistische Zusammenhänge handelt, nicht um Ursache-Wirkungs-Beziehungen.

Nahezu jede/r Zehnte erlebt Mobbing im virtuellen Raum

Das Cyber-Mobbing zeichnet sich u.a. dadurch aus, bösartige Nachrichten oder Posts und unpassende Fotos zu verbreiten. So kann z. B ein unangemessenes Bild viral gehen und lange Zeit im Netz hängen bleiben.

Nahezu jede/r zehnte 11- bis 15-Jährige sagt, mindestens ein oder zwei Mal in den letzten Monaten im virtuellen Raum belästigt worden zu sein (M: 11.5 %; J: 6.4 %).

Etwa 5 % der 11- bis 15-Jährigen sagten, dass sie mindestens ein oder zwei Mal in den letzten Monaten jemanden im virtuellen Raum belästigt haben (M: 4.0 %; J: 5.2 %).

Wie die 11- bis 15-Jährigen im Internet kommunizieren

Zwischen den Geschlechtern gibt es gewisse Unterschiede: So sind Videospiele bei Jungen deutlich beliebter und sie schauen sich etwas mehr Videos an, während Mädchen mehr Zeit in andere Bildschirmaktivitäten investieren, dazu zählen u.a. solche in Zusammenhang mit Schulaufgaben, im Internet surfen oder soziale Netzwerke.

Mehr als die Hälfte der 11- bis 15-Jährigen sagen, dass sie sich mehrmals pro Tag oder fast durchgehend online austauschen, also Nachrichten erhalten und senden, oder Emoticons, Fotos, Videos oder Sprachnachrichten bekommen und schicken (M: 59.7 %; J: 52.1%).

Nach Aussagen der Jugendlichen tun sie dies am ehesten mit besten Freunden und Freundinnen. Deutlich weniger oft werden Personen wie Eltern, Geschwister, Klassenkameraden oder Lehrer/Lehrerinnen genannt. Online-Bekannt¬schaften spielen eine untergeordnete Rolle.

Die grosse Mehrheit der Schülerinnen und Schüler spricht über Sorgen, Geheimnisse und Gefühle lieber im direkten Austausch. Nur eine Minderheit bevorzugt dazu klar Bildschirmmedien (M: 7.7 %; J: 6.7 %). Die Schweiz gehört zu den teilnehmenden Ländern, in denen diese Präferenz am wenigsten verbreitet ist.

Sucht Schweiz unterstützt Eltern

Nebst allen Vorteilen kann der unkontrollierte, ständige Gebrauch von Bildschirmen auch Risiken bringen. Viele Eltern sind manchmal ratlos und suchen Antworten. Für sie hält Sucht Schweiz Tipps für den Alltag bereit. Eltern sollten mit ihren Kindern ein Zeitbudget für die Mediennutzung festlegen, sich nach den Inhalten und Motiven für die Nutzung erkundigen sowie Zeitpunkt und Ort der Nutzung definieren, z. B. nicht während des Essens. Auch spezifische Risiken (z. B. Cyber-Mobbing) sollten angesprochen werden.

  • Sucht Schweiz hat zum Thema einen neuen Leitfaden für Eltern(2)
    erarbeitet.
  • Die nationale Plattform Jugend und Medien hat drei neue Flyer(3)
    (erhältlich in 16 Sprachen) für Eltern, Bezugspersonen sowie
    Fachpersonen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten,
    veröffentlicht, um Heranwachsende zu einem sicheren und
    verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien zu ermutigen.
    Studie zeigt auch: Wer besser drauf ist, raucht und trinkt weniger häufig Die in der Schülerstudie beobachteten statistischen Zusammenhänge verraten viel darüber, wie es Schulkindern wirklich geht. Wie die Dauer der Bildschirmnutzung steht auch der Alkohol-, Tabak- und Cannabis¬konsum mit dem Wohlbefinden in Zusammen-hang. Der Konsum dieser psychoaktiven Substanzen geht mit einer tieferen Lebens-zufriedenheit und einem schlechteren selbstwahrgenommenen Gesundheits¬zustand einher. Jugendliche, die mehr als gelegentlich Alkohol trinken, rauchen oder illegalen Cannabis konsumieren, haben ausserdem ein erhöhtes Risiko, von multiplen chronischen psychoaffektiven Beschwerden betroffen zu sein. Zu diesen Beschwerden zählen z. B. Müdigkeit, Einschlafschwierigkeiten und schlechte Laune. Mehr dazu im Bericht(4) zu Gesundheit und Wohlbefinden der 11- bis 15-Jährigen.

Repräsentative Schülerbefragung

Die alle vier Jahre durchgeführte Studie HBSC steht unter der Schirmherrschaft der Weltgesundheitsorganisation Europa und untersucht verschiedene gesundheitsrelevante Verhaltensweisen der 11- bis 15-Jährigen. So wurden sie u.a. zu ihrem Umgang mit Bildschirmen befragt, zur Online-Kommunikation und zum Gebrauch sozialer Netzwerke. Sucht Schweiz führte diese Studie im Jahr 2018 hierzulande zum neunten Mal durch. Die Schweizer HBSC-Studie wurde vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) und der Mehrzahl der Kantone finanziert.

  • Bericht “ Les écrans, Internet et les réseaux sociaux “ mit
    Zusammenfassung in Deutsch(5) -Factsheet „Bildschirme, Internet
    und soziale Medien“ (6)
    Sucht Schweiz ist ein nationales Kompetenzzentrum im Suchtbereich. Sie betreibt Forschung, konzipiert Präventionsprojekte und engagiert sich in der Gesundheitspolitik. Das Ziel unserer NGO ist, Probleme zu verhüten oder zu vermindern, die aus dem Konsum von Alkohol und anderen psychoaktiven Substanzen hervorgehen oder durch Glücksspiel und Internetnutzung entstehen. www.suchtschweiz.ch / Plattform für Eltern www.suchtschweiz.ch/eltern

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